RLK 2016
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Berlin. Die XXI. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz in der Berliner Urania am Sonnabend konnte einen Teilnehmerrekord vorweisen. Mehr als 2600 Gäste, Unterstützer und Journalisten folgten den Vorträgen, Kulturbeiträgen und Debatten. Höhepunkte der Veranstaltung waren der Auftritt des Kubaners Gerardo Hernández, der nach langjähriger Haft in den USA wegen antiterroristischer Betätigung (»Cuban Five«) 2015 im Zuge eines Gefangenenaustauschs freigekommen war. Die Linke-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht nannte in ihrer programmatischen Rede Bedingungen für eine Koalition mit SPD und Grünen. Voraussetzungen für ein Zusammengehen der Parteien seien angesichts der Kürzungs- und Kriegspolitik der mitregierenden Sozialdemokraten derzeit nicht gegeben. Einen der kulturellen Höhepunkte bildete das Konzert der bekannten türkischen Musikgruppe Grup Yorum.
junge Welt wird in der Montagausgabe ausführlich über die Konferenz berichten. Die Vorträge der Konferenz werden in einer Beilage und als Broschüre erscheinen.
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Mittendrin
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Beim Kampf gegen Nazis, das sagt Esther Bejarano, Überlebende des Vernichtungslagers Auschwitz, gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion, »kann man sich auf den Staat nicht verlassen«. Die Erfahrungen, die sie schildert, sind schockierend. Die aktive Antifaschistin erzählt von »ganzen Schulen, in denen die Meinungen der Nazis gelehrt werden«. Mit Bezug auf den Staat müsse man sich daher die Frage stellen: »Was tun die überhaupt gegen Nazis?« Ihr mache das Angst, sagt die Musikerin, sie sieht »Parallelen zur damaligen Zeit« und ruft zu einem breiten Bündnis auf. »Wenn jemand wirklich ein Antifaschist ist, ist es mir egal, in welcher Partei oder Gruppe jemand ist, man muss zusammenarbeiten können.«
»Anders geht es nicht«, schließt sich Moderator Arnold Schölzel, Chefredakteur der jungen Welt, Bejarano an. Doch seine Kurzeinleitung der Situation in der deutschen Politik gibt wenig Grund zur Hoffnung: Gerade in dieser Woche hat der Bundestag beschlossen, weitere 650 Soldaten in den Kampfeinsatz nach Mali zu schicken, gerade sind die ersten deutschen Tornado-Kampfflugzeuge in den Krieg in Syrien gestartet. Und während der Papst klar sage, dass »diese Wirtschaftsordnung tötet«, stelle sich die Bundesrepublik Deutschland als unschuldiges Opfer einer »Invasion von Flüchtlingen« dar.
Und genau in dieser Zeit, so beschreibt es Ellen Brombacher, Mitglied des Bundessprecherrats der Kommunistischen Plattform in der Partei Die Linke, gibt es in ihrer Partei Kräfte, »die wollen auf Teufel komm raus in die Regierung«. Dann jedoch, das sagt Brombacher deutlich, »dann muss man die Staatsräson der Bundesrepublik akzeptieren« – und das bedeute dann eben auch »die Akzeptanz der aus NATO und EU resultierenden Verpflichtungen«. Ihr Vertrauen gegen ein Abrutschen der Partei Die Linke in die Zustimmung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr setze sie jedoch auf die Parteibasis, von der zumindest der aus dem Osten des Landes stammende Teil einmal »mit der Staatsräson gelebt hat, dass von Deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf«. Brombacher warnt aber auch: »Es gibt keinen Blankoscheck dafür, dass die Partei, der ich angehöre, für alle Zeiten gegen Kriegseinsätze stimmt.«
Um eine optimistische Sicht bemühte sich dagegen der Theologe und Pastor im Ruhestand, Dieter Frielinghaus. 80 Prozent der Deutschen seien schließlich gegen Auslandseinsätze und viele Menschen äußerten in Leserbriefen in allen Regionalzeitungen auch ihre Angst vor einem Weltkrieg. Zudem, so sagt Frielinghaus, würden diese Menschen auch benennen, wer Schuld an der Eskalation hat: »nämlich unsere Wirtschaftsordnung«. Es ginge nun darum, diesen Unmut – wie bei der Demonstration gegen TTIP im Oktober in Berlin – auf die Straße zu bringen.
Noch zentralere Bedeutung misst Lena Kreymann, Mitglied des Bundesvorstandes der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) und junge-Welt-Autorin, der Arbeit in den Gewerkschaften bei. Schließlich sei das der Rahmen, in dem sich »Arbeiter zusammenschließen, um für ihre Rechte zu kämpfen – trotz Sozialpartnerschaftsideologie«. Wichtig sei es, Interessengegensätze deutlich zu machen und Klassenbewusstsein zu wecken, und schließlich von einer rein moralischen Kriegsablehnung wegzukommen. Stattdessen müssten die Kapitalinteressen, die hinter den Kriegen stehen, aufgezeigt werden.
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Eindrücke aus dem Presseraum
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Live von der Konferenz
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Fotostrecke: Mittendrin
Das Treffen der DKP auf der Konferenz
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Als Sahra Wagenknecht die Bühne betrat, war der Saal bis auf den letzten Platz besetzt, die Zuschauer standen in den Gängen, es gab großen Beifall. Ihr Thema zur RLK: »Zur Lage der Linken in Europa und Deutschland«. Und sie stellte die soziale Frage. »Linke Parteien haben immer Partei genommen zu Gunsten derer, die ihre Arbeit verkaufen müssen«, sagte Wagenknecht. »Hartz IV hat den Menschen den sozialen Boden unter den Füßen weggezogen. Acht Millionen Menschen müssen einer Arbeit nachgehen, von der sie nicht leben können«, sagte Wagenknecht. Linke Politik dürfe Elend nicht mitverwalten – sie müsse dagegen kämpfen: »Leiharbeit ist moderne Sklaverei und gehört verboten.« Auch zu Grundsätzen deutscher Außenpolitik bezog sie Stellung: »Aufgabe linker Außenpolitik ist es, die Menschen gegen Kriege zu mobilisieren.«
Sahra Wagenknecht ist promovierte Volkswirtin, Publizistin und Politikerin. Zwischen 2004 und 2009 saß sie für die PDS bzw. Die Linke als Mandatsträgerin im Europäischen Parlament. Seit Oktober 2009 ist sie Abgeordnete des Deutschen Bundestages und wirtschaftspolitische Sprecherin. Im Oktober 2015 wurde sie neben Dietmar Bartsch zur Fraktionsvorsitzenden gewählt. Zu ihren zahlreichen Veröffentlichungen gehören u. a. »Wahnsinn mit Methode: Finanzcrash und Weltwirtschaft« , »Freiheit statt Kapitalismus: Über vergessene Ideale, die Eurokrise und unsere Zukunft« und »Kapitalismus, was tun? Schriften zur Krise«.
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»Kuba wird daran festhalten, den Sozialismus aufzubauen – und Kuba wird niemals vergessen, wer seine wirklichen Freunde sind«, darin waren sich im vollbesetzten Hauptsaal der Rosa-Luxemburg-Konferenz in der Urania die Gäste von der roten Insel einig. Alpidio Alonso Grau, Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas, betonte in seiner Ansprache, dass sein Land niemals die Prinzipien und Werte der Revolution aufgeben werde. Es gehe bei den jüngsten politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen nicht um die Abschaffung des Sozialismus, sondern um seine Perfektionierung. Er erinnerte daran, dass in der demokratisch beschlossenen kubanischen Verfassung festgeschrieben ist, dass Kuba »unwiderruflich« sozialistisch sei.
Der Kampf müsse jetzt darum gehen, die Blockade der USA gegen sein Land wirklich zu beenden. US-Präsident Barack Obama verhalte sich widersprüchlich, wenn er einerseits im Kongress die Aufhebung der Blockade beantrage, andererseits aber nicht von seinen Möglichkeiten Gebrauch mache, direkt einzelne Bestimmungen der Blockadegesetze auszusetzen. So könne Obama die Beschränkungen aufheben, die die Einfuhr von Andenken und Geschenken aus Kuba in die USA durch Touristen erschweren. Er könne kranken US-Amerikanern auch erlauben, sich auf der Insel behandeln zu lassen. Insgesamt waren es nicht weniger als elf konkrete Punkte, die Alpidio Alonso Grau nannte.
Der kubanische Politiker, der sich vor allem als Dichter einen Namen gemacht hat, forderte auch zur Solidarität mit der rechtmäßigen Regierung Venezuelas gegen die Attacken der Rechten auf. Kuba werde immer an der Seite der sozialistischen, chavistischen und bolivarischen Revolution in dem südamerikanischen Land stehen.
Im Anschluss kündigte Miriam Näther von Cuba Sí dann Gerardo Hernández als Redner an. Nach 16 Jahren in US-Gefangenschaft war er zusammen mit zwei Leidensgefährten am 17. Dezember 2014 freigelassen worden und konnte in seine kubanische Heimat zurückkehren. Hernández gehörte zu den »Cuban Five«, die in Miami antikommunistische Terrorgruppen unterwandert hatten, um Anschläge auf ihre Heimat zu verhindern. Die US-Justiz verfolgte jedoch nicht die Terroristen, sondern die Aufklärer und verurteilte diese zu langjährigen Haftstrafen. Näther sprach davon, wie sie die Nachricht von der Heimkehr der damals noch drei inhaftierten Kubaner erfuhr. Das sei ein Moment gewesen, den man nie vergessen werde.
Im vollbesetzten Saal erhoben sich alle Zuhörer von den Stühlen, als Gerardo in einem Che-Guevara-T-Shirt und mit einem roten Stern an der Mütze ans Podium trat. Im Namen der fünf und ihrer Angehörigen dankte er der Solidaritätsbewegung für den unermüdlichen Kampf um ihre Befreiung. Er rief dazu auf, die Anstrengungen fortzusetzen, damit möglichst bald auch Mumia Abu-Jamal, Óscar López Rivera und Leonard Peltier auf der Bühne der Rosa-Luxemburg-Konferenz sprechen können. Auch die fünf selbst würden den Kampf fortsetzen – bis zur endgültigen Aufhebung der Blockade und bis zur Rückgabe des widerrechtlich von den USA besetzten Territoriums in Guantánamo. Als er seine Ansprache mit dem Ausruf »Es lebe der Sozialismus! Hasta la victoria siempre!« beendete, gab es im Saal kein Halten mehr. Stürmischer Beifall und Rufe wie »Cuba Sí – Yankees No!« verabschiedeten Gerardo Hernández, mit dem zum ersten Mal einer der »Cuban Five« in Deutschland war.
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Freunde und Wegbegleiter seit bereits 25 Jahren: Am 23. Juli 1991 wurde die Arbeitsgemeinschaft gegründet, um materielle und politische Solidarität mit dem sozialistischen Kuba zu üben.
Längst ist die AG der Partei Die LInke mit ihren hunderten internationalistischen Mitstreitern eine der profiliertesten Organisationen der Kuba-Solidarität. Zu ihren bekanntesten Projekten zählt die seit zwei Jahrzehnten betriebene Kampagne »Milch für Kubas Kinder«. Cuba Sí arbeitet mit kubanischen Partnern bei der Entwicklung der Landwirtschaft, im Gesundheitswesen, bei Bildung und Kultur zusammen. Bei Workshops und Reisen lernen Menschen das Land kennen und leisten praktische Unterstützung.
Wie stets ist Cuba Sí auch in diesem Jahr auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz deutlich »presente«. junge Welt feiert im Juli zusammen mit den Freundinnen und Freunden von Cuba Sí und tausenden Besuchern auf der Berliner »Fiesta de Solidaridad« dieses Jubiläum. Die Solidarität geht weiter!
Vormerken: 25 Jahre Cuba Sí - »Fiesta de Solidaridad« am 23. Juli 2016 von 14 bis 22 Uhr in der Parkaue, Berlin-Lichtenberg, Nähe S-/U-Bhf. Frankfurter Allee
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Politik nach Noten: die musikalischen Höhepunkte
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Als Moderator Günter Pohl ihn fragte, wie er vorgestellt werden wolle, sagte der Gast: »Nennt mich einfach Dokumentarfilmer und Fotograf«. Roberto Chile aus Kuba hat 25 Jahre lang den früheren kubanischen Präsidenten Fidel Castro auf dessen Reisen begleitet. Daraus ist eine Fotoausstellung entstanden, die am 14. Januar in der jW-Ladengalerie eröffnet wird. Der deutschsprachige Katalog mit vielen beeindruckenden Aufnahmen ist bereits auf der Konferenz erhältlich.
jW-Autor Volker Hermsdorf, ein intimer Kenner Kubas, befragte Roberto Chile zu dessen Arbeit und darüber, wie es zu der Sammlung und Ausstellung von Fidel-Castro-Fotos gekommen ist. Chile berichtete daraufhin anhand von zwei Bildern, die er dem Publikum zeigte, wie er zu dem Schluss gekommen sei, dass er diese Aufnahmen nicht für sich behalten dürfe.
Roberto Chile hielt 1997, nach seinem Hochschulabschluss als Ingenieur für Nachrichtentechnik, erstmals eine Filmkamera in der Hand, und zwar in dem Filmkollektiv seines Bruders in der kubanischen Fischereiflotte. Er bezeichnet dies als Liebe auf den ersten Blick. Er begleitete Fidel Castro zwischen 1984 und 2006 durch Kuba und ins Ausland. An der Seite Castros hat er entscheidende Kapitel der kubanischen Geschichte filmisch dokumentiert, u. a. entstanden »En el corazón de América«, »De Hanoi a Hiroshima«, »Brasil, triunfa la esperanza«, »Argentina, Nuevos Aires« oder »Chávez y Fidel, hasta siempre«. Mit seinem Debütfilm »¿Quién es Al Giddings?« gewann Chile 1984 den nationalen Wettbewerb Premio Caracol in der Rubrik Dokumentation. Weiterhin hat er in mehr als 40 Kurzfilmen kubanische Künstler vorgestellt, darunter den Musiker Silvio Rodríguez sowie den Maler und Grafiker Eduardo Roca (Choco). Die Aufnahmen Chiles von Castro aus den Jahren 2010 bis 2012 wurden weltweit veröffentlicht.
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Wer mit dem Ende der DDR aufgehört hat, sich für Tino Eisbrenner zu interessieren, der kennt den Chef der Popformation Jessica wahrscheinlich noch als Sänger der damaligen Hits „Spieler“ und „Ich beobachte dich“. Und danach? Eisbrenner tourte 1989 mit seinem ersten Soloalbum „Tino“ durch Europa bis nach Sibirien, moderiert beim Fernsehen, ging nach Amerika. Er eroberte die Herzen im Norden mit Chansonabenden. Später lebte und arbeitet er mit Indigenen in Mexiko. Das Theater - vor allem Brecht – spielte für ihn schon immer eine große Rolle. Als Mittdreißiger fühlte sich Eisbrenner inspiriert, eine Autobiographie zu schreiben. 2004 ist er als Mitherausgeber daran beteiligt, dass die älteste Musikzeitschrift Deutschlands, die Melodie und Rhythmus (M&R), wiederbelebt wird.
Frieden und humanistische Ideen stehen immer im Zentrum seiner Arbeit, die weit über künstlerische Aktivitäten hinausgeht. Eisbrenner kritisiert inhumane Zustände dieser Welt und beteiligt sich an pragmatischen Projekten, wie z.B. dem Bau einer Mapucheschule in Chile. Weiterhin entstehen Alben verschiedener Genres: von Popmusik bis zur Heine-Lesung. Eisbrenner tourt durch die Welt, liest und spielt, singt und trommelt, arbeitet und engagiert sich und lädt oft auf seinen Vier-Winde-Hof in Mecklenburg dazu ein. Sein aktuelles Projekt „Musik statt Krieg“ stellte er auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz vor. Im Gespräch mit M&R-Chefredakteurin Susann Witt-Stahl forderte er »eine große Gegenbewegung zu der aktuellen antirussischen Politik«. Die BRD bezeichnete er als »bestenfalls eine demokratische Diktatur«, die am großen Bruder USA hänge. Für den Aufbau linker Gegenbewegung regte er an, Hierarchien abzubauen. So wünschte Eisbrenner sich, dass Politiker wie Sahra Wagenknecht, die am späten Nachmittag selbst noch auf der RLK sprechen wird, schon vor ihrem Auftritt auf der Bühne auf die Konferenz kämen, um dort mit den Besuchern zu reden.
Weitere Infos: www.eisbrenner.de
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Esther Bejarano, die 1943 nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurde, erinnert in ihrer Rede an die Opfer des NSU, Flüchtlinge, die rassistisch bedroht und angegriffen werden, und die Opfer der Kriege auf der Welt. »Es ist Zeit für einen Aufschrei von uns allen, einen unüberhörbaren, lauten Aufschrei, der bis in den letzten Winkel unseres Landes und der ganzen Welt widerhallt«, empört sich die 91jährige.
Als Beispiel für strukturelle Gewalt des Staates, die wir alle bekämpfen sollten, nennt sie die Asylrechtsverschärfungen des vergangenen Jahres. Unter anderem die Balkan-Staaten wurden in »sichere Herkunftsländer« deklariert, um Sinti und Roma, die hier Schutz vor Diskriminierung und Verfolgung suchen, leichter abschieben zu können. »Deutschland hat dieser Minderheit gegenüber eine besondere Pflicht, Bleiberecht zu gewähren, denn 500.000 Sinti und Roma wurden in der Nazizeit ermordet«, erinnert sie.
Fremdenfeindliche Übergriffe und rechtes Gedankengut beschreibt sie eben nicht als neues Phänomen, wie es viele Politiker derzeit tun, und eine Mitschuld von sich weisen, sondern sie verdeutlicht eine Linie vom Naziregime bis heute, da eine Entnazifizierung in der BRD niemals stattgefunden hat. »Darum sage ich: der Satz ›Wehret den Anfängen‹, ist längst überholt! Wir sind mittendrin!«
Esther Bejarano wurde als Esther Loewy am 15. Dezember 1924 in Saarlouis geboren. 1941 wurde sie ins Zwangsarbeitslager Neuendorf bei Fürstenwalde/Spree gebracht, am 20. April 1943 aus dem Berliner Sammellager in der Großen Hamburger Straße nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Als das Mädchenorchester entsteht, meldete sie sich als Akkordeonspielerin. Das Orchester musste den täglichen Marsch der Arbeitskolonnen durch das Lagertor begleiten. Ende 1943 wurde Esther ins KZ Ravensbrück verschleppt (Häftlingsnummer 23139). Auf einem der Todesmärsche von KZ-Häftlingen floh sie mit sechs Freundinnen.
Nach dem Krieg suchte Esther ihre Familie, will nach Palästina zu ihrer Schwester, unbedingt weg aus Deutschland. Mit ihrer Freundin Mirjam Edel landete sie im September 1945 in Haifa und wurde im Lager Atlit erneut hinter Stacheldraht eingesperrt, bis ihre Schwester sie zu sich holt. Eine Nacht lang sprachen Esther und Mirjam mit der Schwester Tosca und Hans Lebrecht über Auschwitz und Ravensbrück. Dann schweigen beide, jahrzehntelang.
Esther heiratete Nissim Bejarano. 1960 zog die Familie, inzwischen sind die Kinder Edna und Joram geboren, nach Hamburg. 1979 hielt die NPD eine Kundgebung ausgerechnet vor Esthers Boutique ab. Die angerückte Polizei schützte die Neonazis und nahm die Gegendemonstranten fest. Esther war empört. Und hat ihre Lebensaufgabe gefunden: Seit diesem Tag spricht Esther, mischt sich ein, erzählt ihre Geschichte vor Schulklassen und vor großen Auditorien, in den Medien. Seit 2009 treten die Bejaranos gemeinsam mit der Kölner Rap-Band Microphone Mafia auf. Esther Bejarano ist Mitbegründerin und Vorsitzende des Auschwitz-Komitees in der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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Alexej Markov, Gründer und Kommandeur der politischen Abteilung der kommunistischen Brigade »Prisrak« im Donbass gab im live geführten Video-Interview Einblicke in den Alltag der Kämpfer, die in westlichen Medien meist als »prorussische Separatisten in der Ostukraine« bezeichnet werden. An seinem Frontabschnitt in der nicht anerkannten Volksrepublik Lugansk gibt es demnach Freiwillige aus zahlreichen anderen Ländern: »Unsere Genossen aus Italien und Spanien, die leiden natürlich an diesen heftigen Wintern, die sind es nicht gewohnt. Aber umso leichter haben es unsere finnischen Genossen«, sagte er im Gespräch mit Susann Witt-Stahl. Die Chefredakteurin der linken Musik- und Kulturzeitschrift war mehrfach in die Region gereist, saß heute aber auf dem Podium der Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin. Sie fragte Markov auch nach direkten Auseinandersetzungen mit den rechten Freiwilligenbataillonen, die er im Gegensatz zur regulären ukrainischen Armee als »echte Nazis« bezeichnet. Laut Markov war seine Brigade schon mehrfach in Kämpfe mit ihnen verwickelt – sie hätten auch besonders häufig die Waffenruhe gebrochen. »Die regulären ukrainischen Truppen führen sich weitaus milder auf.« Auch sie würden übrigens von den faschistischen Bataillonen beschossen, die offiziell auf ihrer Seite kämpfen.
»Es sieht so aus, dass es echten Nazis egal ist, wen sie umbringen.“ Auch die Regierung in Kiew bestehe allerdings aus »offenen Nazis« – demnach unterscheidet Markov deutlich zwischen der Regierung und den von ihr geschickten Soldaten, die er nicht pauschal als Unmenschen darstellen will. Er warnte allerdings vor Versuchen, »mit offenen Nazis Frieden zu schließen«, was schon in den 1930er Jahren in eine Katastrophe geführt habe.
Die faschistische Gefahr in ganz Europa schätzt er als sehr ernst ein. Seine Genossen und er seien überzeugt, dass Faschismus eine gesetzmäßige Reaktion auf bestimmte Krisen sei. »In der derzeitigen historischen Phase erleben wir eine erneute Krise, die nicht nur wirtschaftlich ist, sondern eine tiefgreifende systemische und soziale Krise.« Als Zeichen dafür nannte er »die Unfähigkeit, mit Migrationsströmen menschlich umzugehen und die fehlende politische Souveränität in Europa«. Es sei zu vermuten, »dass die Regierungen jetzt auf den Rechtsradikalismus setzen werden und bewusst diese Strömungen fördern werden«. »Und wenn die Nazis, die in der Ukraine an die Macht gelangt sind, sich halten könnten, siegen würden, dann wäre das ein schlechtes Beispiel für ganz Europa.«
Für einen Sieg gegen den Faschismus seien »echte kommunistische Parteien« nötig, »keine Diskussionsklubs«, sondern Parteien, deren Mitglieder im Notfall auch bereit sind, die Menschheit mit der Waffe in der Hand zu verteidigen.«
»Zusammen sind wir in der Lage, den Faschismus zu besiegen«, sagte Markov zum Schluss unter großem Applaus.
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Andrang zu den Veranstaltungen, umlagerte Stände
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»Hoch die internationale Solidarität!« Unter lauten Sprechchören aus dem Publikum endet der Liedvortrag von Grup Yorum. Die linke Band besteht in wechselnder Besetzung seit 1985 und hat Lieder in mehreren Sprachen des Nahen und Mittleren Ostens veröffentlicht, darunter Türkisch, Arabisch und verschiedene Dialekte des Kurdischen. Zu Grup Yorum zählen zur Zeit rund 30 Musikerinnen und Musiker. In der Türkei gehört es für sie zum Alltag, dass ihre Konzerte von der Staatsmacht verhindert werden. Mehrere Mitglieder der Band wurden unter konstruierten Vorwürfen teilweise mehrere Jahre ins Gefängnis geworfen. Auch die BRD erteilte der Band ein Einreiseverbot, um einen für den 3. November geplanten Auftritt zu verhindern.
Die Anhänger von Grup Yorum ließen sich dadurch jedoch nicht entmutigen: Das in Oberhausen geplante Konzert fand schließlich doch statt. Vor mehreren Tausen Zuhörern gaben Schüler der Band deren Lieder zum besten. Auf der Bühne in der Urania begeisterte die Gruppe das Publikum mit Interpretationen von »Bandiera Rossa« und »Bella Ciao« in mehreren Sprachen.
Ein weiteres Lied widmete die Gruppe dem Widerstand der kurdischen Befreiungsbewegung in der Türkei, die dort seit Monaten der mörderischen Repression durch das Regime von Taiyp Erdogan ausgesetzt ist.
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Weg mit der Blockade!
Eine wichtige Rolle auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz spielt auch in diesem Jahr die Solidarität mit dem sozialistischen Kuba. Zum 25jährigen Bestehen der Solidaritätsorganisation Cuba Sí wird am Abend ein Konzert mit der Band Proyecto son Batey im Foyer stattfinden. Die Organisation wurde 1990 als Arbeitsgemeinschaft beim Parteivorstand der PDS gegründet und ist heute ein Teil der Partei Die Linke. Cuba Sí organisiert Solidaritätsprojekte und veranstaltet politische Reisen sowie Workcamps in Kuba.
Miriam Näther von Cuba Sí berichtete auf der Bühne über die verschiedenen Projekte vor Ort. Eine wichtige Rolle dabei spielt die Zusammenarbeit mit kubanischen Partnerorganisationen. Von Anfang an sahen sich die Aktivisten bei ihrer Arbeit zudem mit der gegen Kuba gerichteten Wirtschaftsblockade der USA konfrontiert. So musste ein 2011 gespendeter Bulldozer etwa sieben mal umverladen werden, bis er seinen Weg in einen kubanischen Hafen fand.
Näther forderte abermals, die noch immer bestehende, völkerrechtswidrige Blockade umgehend zu beenden. Sie lud alle Teilnehmer der Konferenz zum jährlichen Solidaritätsfest von Cuba Sí in der Berliner Parkaue im Juli ein und bedankte sich bei allen Spendern.
Schließlich ergriff die Vorsitzende der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba, Peter Wegener, das Wort und gratulierte Cuba Sí zum Jubiläum.
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